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„Die Fastenerfahrung ist eine sehr persönliche und wird von jedem Menschen etwas unterschiedlich erlebt. Was sich körperlich, seelisch und mental abspielt und verändert, hängt von verschiedenen Faktoren ab und kann nicht präzise vorher gesagt werden“, sagt Elisabeth Rabeder, Fasten- und Betriebsleiterin im Curhaus Bad Mühllacken und Autorin des Buches „Fasten für ein neues Lebensgefühl“ (Kneipp Verlag).

Führen wir dem Körper wenig Energie zu, greift er auf körpereigene innere Depots zu. Die Glykogenspeicher in Leber und Muskulatur sind schon nach 24 Stunden geleert. Dann geht es den gespeicherten Fettvorräten an den Kragen. Bei guter Vorbereitung schaltet der Körper meist nach zwei, drei Tagen auf die Innenversorgung umzusteigen. Tägliche Bewegung hilft, dass sich der Eiweißabbau auf ein Minimum reduziert. Innere Selbstheilungskräfte werden mobilisiert, Bindegewebe, Organe und Gehirn werden gereinigt, der Hormonhaushalt verändert sich. „Manch einer entdeckt neue Seiten an sich, wie etwa gesteigerte Kreativität, Ausgelassenheit oder auch den Wunsch nach viel Ruhe“, weiß Rabeder.

In den ersten beiden Tagen nimmt man am meisten Gewicht ab, dann pendelt sich die Waage bei einigen 100 g Gewichtsverlust pro Tag ein. Über die körperlichen Veränderungen ist im Blog „Fasten als Neustart für den Organismus“ nachzulesen. Hier nur ein paar Aspekte:

  • Stärkung des Immunsystems
  • Reduktion von Übergewicht, Linderung von Stoffwechselstörungen
  • Allergien, Autoimmunerkrankungen und chronische Magen-Darm-Probleme können sich verbessern
  • Der Alterungsprozess lässt sich hinauszögern

„Ich selbst habe durch das Fasten meine Dauergastritis geheilt. Bei meinen Fastenkursteilnehmern sehe ich zum Beispiel immer wieder wie Entzündungen verschwinden und sich Gelenksprobleme signifikant verbessern und eine Kniebeuge zum Beispiel wieder schmerzfrei möglich ist. Viele Veränderungen stellen sich erst in der Aufbauphase nach dem Fasten ein, wie etwa die Regulierung von Blutdruck und Blutzucker sowie die Verbesserung des Hautbildes. Außerdem fühlen sich die meisten voll Energie und Kraft“, erzählt die Fastenexpertin und erläutert was der Verzicht auf feste Nahrung mental und spirituell bewirken kann.

Was sich im Geist verändert

Für manchen Fastenden ist der Gewichtsverlust nur ein willkommener Nebeneffekt, er will durch die Fastenauszeit vielleicht in einer problematischen Lebenssituation, an einem Scheideweg oder auch einfach, nach stressiger Zeit wieder zurück in die innere Balance zu finden und zu Klarheit finden. Jeder kommt mit persönlichen Bedürfnissen, Wünschen und Zielen zum Fasten. Und vielmals ist diese Woche des Verzichtens der Start eines Neubeginns, sich vielleicht das Leben etwas leichter zu machen. Andere versuchen von der „Sklaverei durch Handy und Tablet“, sprich davon allzeit online zu sein, wegzukommen, wieder andere kehren zurück zu mehr Achtsamkeit und Fürsorge für sich selbst, zu Genussfähigkeit, Freude, Lebendigkeit und Sinnlichkeit.


Und plötzlich weißt du: Es ist Zeit,

etwas Neues zu beginnen,

und dem Zauber des Anfangs zu vertrauen.

 

Meister Eckhart

„Entrümpelung, Reinigung, Klarheit und Reorganisation auf verschiedenen Ebenen, Brechen mit lästigen Gewohnheiten, so könnte man die Einstellungs- und Verhaltensänderung, die eingeleitet wird nennen. Natürlich muss man die neuen Haltungen dann auch im Alltag üben und praktizieren, doch der Umschwung kann in der Fastenwoche geschafft werden“, erzählt Elisabeth Rabeder und meint: „Es überrascht mich immer wieder wie tief die Fastenerfahrung zur Wurzel eines ungeliebten Themas führt und die individuelle Weiterentwicklung fördert. Zu erfahren und erkennen, was einem wirklich gut tut, wo und wie man sich wohl fühlt, das wird Fastenden geschenkt – sofern sie diese Erkenntnis zulassen und in sich hinspüren.


Die Frage nach dem Sinn – der Weg nach innen

Die Sensibilisierung der Sinne weitet den Blick, lässt nach Innen schauen und dem Sinn des Lebens nachspüren. Werte wie Achtsamkeit, Entschleunigung, Absichtslosigkeit und Dankbarkeit bekommen einen neuen Stellenwert.

Der eine oder die andere Fastende fragt sich während des Prozesses der Entrümpelung: Kann ich überhaupt noch die vielen kleinen Wunder und Schönheiten der Natur sehen? Wo spüre ich Dankbarkeit? Kann ich mich noch von Herzen begeistern und lachen?

Normalerweise überrollen einen die Pflichten und Anforderungen des Alltags, sodass viele Glücksmomente an einem vorüberziehen, ohne überhaupt bemerkt, geschweige denn, ausgekostet werden…Das Fasten öffnet Herz und Sinne für die Liebe zu allem, was um einen ist. Das Vertrauen, sich auf das Leben, die Schöpfung und sich selbst einzulassen, wird neu aktiviert. Um diesen inneren Frieden und die absichtslose Freude zu erleben, muss man nicht religiös sein.

„Ich habe auch Menschen beim Fasten begleitet, die schwere Schicksalsschläge zu verdauen haben, ob Tod eines geliebten Menschen, Verlust von Job, Trennung oder schwere Krankheit. Fasten kann helfen aus der Verbitterung und dem Schmerz heraus zu finden, wieder zu hoffen, glauben und zu lieben.“